Fredrik Sjöberg und Benoit Mathieu (v. l.) bei der Vertragsunterzeichnung für die Mission Arctic Weather Satellite. © OHB Sweden

Große Visionen mit Kleinsatelliten

Mit Vertrauen und Selbstbewusstsein wollen Fredrik Sjöberg und Benoit Mathieu, als neue Doppelspitze von OHB Sweden die Zukunft des Raumfahrtunternehmens gestalten

OHB ist irgendwie ein wenig wie eine europäische Großfamilie. Da geschieht es nicht selten, dass Kolleginnen und Kollegen vom einen zum anderen Standort wechseln, um ihr berufliches Wirken dort fortzusetzen. So auch Benoit Mathieu, der von der Rolle des Copernicus-Koordinators bei der OHB System AG in die Geschäftsführung der schwedischen OHB-Tochter OHB Sweden wechselte und dort mit Fredrik Sjöberg die neue Doppelspitze bildet. Gemeinsam wollen sie das Unternehmen aus Kista in der Nähe von Stockholm erfolgreich durch bedeutende künftige Missionen führen. Im Interview sprechen die Geschäftsführer über kulturelle Herausforderungen, Raumfahrtprojekte und die Schönheit der Simplizität.  

Benoit, ein Franzose in Schweden … wie fühlt sich das an? Hattest du schon den ersten Kulturschock?

Benoit Mathieu: Ich komme ursprünglich aus Toulouse im Südwesten Frankreichs. Wenn man den französischen Film "Les Ch'tis" gesehen hat, kann man sich gut vorstellen, dass es für jemanden aus dem Süden eine ziemliche Hürde ist, so weit in den Norden zu ziehen. Nun, in meinem Leben bin ich immer viele kleine Schritte vorangegangen und so habe ich mich allmählich immer weiter Richtung Norden bewegt – stets getrieben vom Interesse an neuer Kultur und neuen Erfahrungen. Da ich vorher bei der OHB System AG in Oberpfaffenhofen tätig war und lange in München gelebt habe, stand eigentlich eher der kulturelle Wechsel von Deutschland nach Schweden im Vordergrund. Es gibt schon viele Unterschiede.

Erzähl! Jetzt sind wir neugierig …

Während andere Länder noch von Digitalisierung sprechen, wird sie in Schweden bereits gelebt und  ist überall im täglichen Leben präsent: Elektronisches Geld hat das Bargeld ersetzt, sogar einige Geschäfte sind bargeldlos. Auch viele Verwaltungsaufgaben werden online erledigt. Zudem muss ich sagen: Die Menschen sind geduldiger und entspannter. Wenn man Hilfe braucht, nehmen sie sich Zeit und es werden nicht schon fünf Minute vor Ladenschluss die Leute aus dem Geschäft gejagt. (lacht)

Fredrik, du bist schon seit mehreren Jahren bei OHB Sweden an Bord, wie fühlt sich die neue Doppelspitze an? Bedeutet das jetzt doppelte Power?

Fredrik Sjöberg: Absolut! Da ich schon lange im Unternehmen bin, ist es sehr bereichernd, wenn ein Kollege von außen neue Impulse einbringt. Außerdem: In einer Führungsposition zu sein, kann manchmal ein bisschen einsam sein, daher ist es schön, ab sofort zu zweit an den Herausforderungen zu wachsen und den Weg in eine erfolgreiche Zukunft zu gehen.

Was wird euer erster gemeinsamer Meilenstein mit OHB Sweden sein?

Wir haben früher schon zusammengearbeitet und bündeln nun bei OHB Sweden unsere Kräfte. Wir  haben schnell festgestellt, dass wir sehr ähnliche Erfahrungen, Fähigkeiten und Kenntnisse haben. Daher freuen wir uns sehr darauf, gemeinsam die Mission Arctic Weather Satellite (AWS) zum Erfolg zu bringen und natürlich auch gemeinsam den 10. Geburtstag von OHB Sweden in diesem Jahr zu feiern. Außerdem wollen wir bis Ende des Jahres unsere Vision und Strategie 2025 finalisieren. Dies ist für uns ein wichtiger Schritt für die künftige Ausrichtung und Entwicklung des Unternehmens.

Welche Bedeutung hat die Mission Arctic Weather Satellite für OHB Sweden?

Alle Satelliten der geplanten zukünftigen Konstellation sollen auf der InnoSat-Plattform basieren. Dadurch wird in der Konstellationsphase eine schnelle und kosteneffiziente Serienfertigung möglich. Mitte Januar haben wir bereits mit dem Kommunikationssatelliten GMS-T den ersten Satellit mit InnoSat in den Orbit gebracht. Damit konnten wir die Reife des Designs demonstrieren, denn der Satellit wurde in weniger als einem Jahr entwickelt, integriert und getestet. Die AWS-Mission ist die erste ESA-Mission, bei der OHB Sweden als Hauptauftragnehmer fungiert. Das Vertrauen der ESA ist für uns ein Beweis für die Qualität und Leistungsfähigkeit unseres Produkts und ebnet den Weg für Low-Cost-Ansätze. Wir sehen die Mission auch als Wegbereiter für unser künftiges Wachstum, denn wir hoffen auf einen Auftrag für eine Konstellation von bis zu 20 Kleinsatelliten durch Eumetsat. Unsere Vision ist es, im Geschäft rund um Kleinsatelliten-Konstellationen ganz groß mitzumischen.

Worauf seid ihr besonders stolz?

Auf unsere Mitarbeiter. Es ist erstaunlich, wie viel Kompetenz in einem so kleinen Unternehmen – wir sind 84 Mitarbeitende - steckt. OHB Sweden besitzt alle benötigten Fähigkeiten, um eine Mission End-to-End abzudecken: Design, Entwicklung, Verifizierung und Validierung, Start und Betrieb. Dank der Partnerschaften mit der OHB-Gruppe, mit Thales Alenia Space und Airbus Defence and Space hat OHB Sweden eine Expertise im Bereich der elektrischen und chemischen Antriebe S/S und im AOCS S/S von geostationären Telekommunikationssatelliten entwickelt. Unsere AOCS-Kenntnisse (Attitude & Orbit Control System, Lageregelung) umfassen auch Formationsflug- und Rendez-Vous-Technologien, die wir im Rahmen der schwedischen PRISMA-Mission erworben haben. In diesem Bereich können wir sogar behaupten, fortschrittlicher zu sein als viele große Anbieter.
Als beeindruckend würden wir definitiv das Engagement, den Enthusiasmus und die Hingabe unserer Teams beschreiben. Da wir ein kleines Unternehmen sind, kann es vorkommen, dass die Mitarbeitenden manchmal mit einem hohen Arbeitsaufkommen konfrontiert werden. Wir sind sehr dankbar, dass wir diese Phasen immer gemeistert haben. Daher sehen wir es als unsere zentrale Aufgabe, diese Unternehmenskultur zu bewahren.

Benoit & Fredrik, besitzt ihr ein Lebensmotto?

Benoit Mathieu: Ich mag dieses Zitat von Albert Einstein sehr gerne: „Zwei Dinge sind zu unserer Arbeit nötig. Unermüdliche Ausdauer und die Bereitschaft, etwas, in das man viel Zeit und Arbeit gesteckt hat, wieder wegzuwerfen.“ Es geht halt immer darum, beharrlich ein Ziel zu verfolgen, aber gleichzeitig immer offen dafür zu sein, sich zu hinterfragen und gegebenenfalls einen anderen Kurs einzuschlagen. In einer Leitungsposition ist es für mich besonders wichtig, zuzuhören und seine eigenen versteckten Bewertungen ständig zu prüfen.


Fredrik Sjöberg: Ich wähle einen kurzen Spruch: „Keep it simple!" Gerade in unserem Geschäft neigen die Menschen dazu, die Dinge zu verkomplizieren. Isaac Newton sagte einmal: „Die Natur ist einfach.“ 

Pionier der Raumfahrt werden: Karriere bei OHB machen.

We. Create. Space. Durchstarten bei einem der erfolgreichsten europäischen Raumfahrtunternehmen.

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