EnMAP wird Umweltbeobachter für ...
... den Wald
Die Daten von EnMAP werden für ein besseres Waldmanagement sorgen. Das umfasst die Bereiche Waldflächenkartierung, Monitoring der Entwaldung, Berechnung der Kohlenstoffspeicherung und Aufnahme und Vorhersage von Schädlingsbefall. Dieser Nutzen ist von großer Bedeutung, denn durch negative Umwelteinflüsse hat der Stress für unseren Wald zugenommen. Die Schäden werden bislang vor Ort durch die Forstbeamten größtenteils visuell erhoben – ein Riesenakt, denn 90 Milliarden Bäume verteilen sich über eine Fläche von 11,4 Millionen Hektar. Hier wird EnMAP helfen, die Waldgebiete „abzutasten“ und so den Gesundheitszustand der Bäume und Pflanzen aus 640 Kilometern Höhe zu bestimmen.
... die Landwirtschaft
Die Mission wird ein Monitoring der Ernte, eine verbesserte Kartierung der Agrarflächen, die Berechnung von Ernteausfällen und künftigen Erträgen ermöglichen, sowie mögliche Nutzflächen für den landwirtschaftlichen Anbau erfassen können.
... das Landmanagement
Die Landnutzungsplanung wird von EnMAPs Daten profitieren. Zudem wird die Schwere von Landdegradierung, also die Verschlechterung der Ökosystemdienstleistung des Bodens einschätzbar werden. Erosionskarten und Katasterkarten zur Registrierung von Landeigentums- und Landnutzungsrechten können mithilfe der Daten erstellt werden.
... das Wassermanagement
EnMAP wird auch beim Wasserressourcenmanagement helfen, da seine Daten bei der Kartierung von Wasser- und Flusseinzugsgebieten nutzbar sein werden. Davon werden auch Hochwasserschutz und Katastrophenmanagement profitieren. All diese Aufgaben werden bislang größtenteils vor Ort verrichtet – eine Mammutaufgabe, wo die Fernerkundungsfähigkeiten von EnMAP entscheidende Verbesserungen – und somit neue Superkräfte – bringen werden.
Die Erde in unzähligen Farben: Wie funktioniert EnMAP?
Um zu verstehen, wie Satelliten die Erde beobachten, muss man sich zunächst damit auseinandersetzen, wie der menschliche Sehsinn funktioniert. Als Informationsträger dient dabei das Spektrum der elektromagnetischen Strahlung, das von der Sonne ausgeht. Dieses erstreckt sich von harter Röntgenstrahlung mit extrem kurzen Wellenlängen (< 0,1 Nanometer) bis hin zu langen Radiowellen (> 1 Kilometer). Ihre größte Intensität erreicht die Sonnenstrahlung im Wellenlängenbereich zwischen 380 und 780 Nanometern. Im Verlauf der Evolution hat sich das menschliche Auge darauf spezialisiert, genau diesen Bereich wahrnehmen zu können. Aus diesem Grund wird dieser gemeinhin als „sichtbares Licht“ bezeichnet. Einige der übrigen Wellenlängenbereiche werden von der Erdatmosphäre absorbiert, andere erreichen zwar den Erdboden, sind mit dem menschlichen Sehsinn aber nicht wahrnehmbar. Dazu zählen zum Beispiel UV- und Infrarotstrahlung.
Vom menschlichen Auge zur hyperspektralen Erdbeobachtung
Unabhängig von ihrer Sichtbarkeit für das menschliche Auge interagieren alle die Atmosphäre durchdringenden Strahlungsarten mit der Erdoberfläche und enthalten somit Informationen über deren Beschaffenheit. Aufgrund seiner begrenzten Empfindlichkeit für das Sonnenspektrum kann das menschliche Auge allerdings nur einen Bruchteil dieser Informationen aufnehmen. Auf der Netzhaut im Augeninneren sitzen drei verschiedene Unterarten von Farbrezeptoren, die sogenannten Zapfen, deren Sehfarbstoffe Absorptionsspitzen bei unterschiedlichen Wellenlängen aufweisen, sich in ihrer Empfindlichkeit aber teilweise überlappen. Im Gehirn wird die durch die Zusammensetzung der einfallenden Strahlung bedingte Aktivierung der einzelnen Zapfenarten verarbeitet und in ein farbiges Bild übersetzt.
Und wie sehen die „Augen“ von Erdbeobachtungssatelliten?
Technische Multispektralinstrumente weisen in der Regel eine höhere spektrale Auflösung auf als das menschliche Auge, allerdings handelt es sich auch bei einer gewöhnlichen Digitalkamera bereits um ein Multispektralinstrument. Wie das menschliche Auge können die Sensoren in einer Digitalkamera zwischen blauem, grünem und rotem Licht differenzieren und somit den Seheindruck des Auges wiedergeben. Für die Erdbeobachtung werden hingegen deutlich komplexere Multispektralinstrumente mit bis zu etwa fünfzehn Farbkanälen verwendet. Mit diesen können in der Regel unterschiedliche Wellenlängenbereiche des sichtbaren Lichts und der Infrarotstrahlung erfasst werden.
Was ist das Besondere an einem Hyperspektralsatelliten?
Bei der hyperspektralen Fernerkundung wird eine Vielzahl von Bandbreiten des Lichtspektrums erfasst. Dadurch wird ein reichhaltiger Datensatz mit hoher spektraler Auflösung bereitgestellt, der es ermöglicht, Dinge und Eigenschaften zu erkennen, die für herkömmliche bildgebende Sensoren nicht sichtbar sind: Es gibt die Möglichkeit, das Unsichtbare zu sehen. Mit dem EnMAP-Instrument kann ein kontinuierliches Spektrum und damit eine Art „spektraler Fingerabdruck“ von Objekten aufgenommen werden. Dadurch können beispielsweise verschiedene Arten von Vegetation und unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten anhand ihrer charakteristischen Absorptions- und Reflexionseigenschaften differenziert werden. Dabei ist die Informationsdichte so hoch, dass beispielsweise die Unterscheidung von Pflanzengesellschaften, mitunter auch einzelner Pflanzenarten oder Gesteinszusammensetzungen aus mehreren hundert Kilometern Entfernung möglich ist. Zudem kann anhand der Reflexionseigenschaften im Infrarotbereich
der Gesundheitszustand von Vegetation erfasst werden: Gesunde Pflanzen produzieren den Blattfarbstoff Chlorophyll, der im Vergleich zum Bereich des sichtbaren (und insbesondere grünen) Lichts im Infrarotbereich sechsmal stärker reflektiert.
Die Umweltmission EnMAP sieht also ziemlich bunt. Während das Auge drei Farbkanäle und gängige multispektrale Satelliten vier bis zehn Farbkanäle sehen, erfolgt die hyperspektrale Erdbeobachtung von EnMAP mit über 240 kontinuierlichen Spektralbändern im Wellenlängenbereich zwischen 420 und 2450 Nanometern und einer Bodenauflösung von 30 m x 30 m (1 Bildpixel = 30 m x 30 m).
Und dann? Was aus all der Superkraft wird
Genutzt werden diese Daten in erster Linie in der geografischen Fernerkundung und den Umweltwissenschaften. Hyperspektraldaten werden dabei zumeist nicht zur direkten Betrachtung verwendet. Vielmehr werden sie in komplexen mathematischen Verfahren, gemeinsam mit anderen Datenquellen, ausgewertet und verschnitten. Die daraus resultierenden Informationen über eine Eigenschaft der aufgenommenen Fläche können anschließend in thematischen Karten, beispielsweise Biotoptypenverteilungen, dargestellt werden.