06. August 2018, Bremen. Die OHB System AG, ein Tochterunternehmen des Bremer Raumfahrt- und Technologiekonzerns OHB SE, wurde von der Europäischen Weltraumorganisation ESA als Generalunternehmer für eine Studie zur Asteroidenmission HERA ausgewählt. Der Auftrag hat ein Volumen von 4,5 Mio. Euro und erweitert die laufenden Aktivitäten des OHB-Konzerns im Bereich des Schutzes der Erde vor Gefahren aus dem Weltraum.
Ziel der HERA-Studie ist es, eine detaillierte Missionsdefinition für eine Sonde durchzuführen, die auf den Zwillings-Asteroiden "Didymos" fliegt. Der Satellit wird seine physikalischen Eigenschaften an der Oberfläche und unter der Oberfläche analysieren und seine Dynamik nach einem Einschlag mit enormer Geschwindigkeit untersuchen. Die HERA-Mission ist der europäische Beitrag zu einer gemeinsamen, aber gestaffelten planetarischen Verteidigungsmission mit der NASA. HERA soll insbesondere den Einschlagkrater auf dem kleineren der beiden Asteroiden (genannt "Didymoon") untersuchen, den der NASA-Satellit DART zurückgelassen hat, der mit einer früheren Mission 2021 gestartet werden soll.
Nach Angaben der Wissenschaftler wird der Aufprall Didymoon um etwa einen halben Millimeter pro Sekunde verlangsamen. HERA soll detaillierte Informationen über die Bahnveränderungen von Didymoon liefern und diese mit der Asteroidenzusammensetzung sowie der Oberflächen- und Innenstruktur in Beziehung setzen. Mit diesem Experiment wird eine praktikable Methode zur Ablenkung von Asteroiden von ihrem Kollisionskurs mit der Erde untersucht und die Ergebnisse dieser internationalen Zusammenarbeit könnten von Didymos auf andere Asteroiden übertragen werden. Der Start der HERA-Mission ist derzeit für Ende 2023 geplant.
Asteroidenforschung ist unerlässlich
Didymos, das Ziel der Mission, hat einen Hauptkörper von 780 Metern Durchmesser; er wird von einem Mond umkreist, der "Didymoon" genannt wird und 160 Meter misst, was ungefähr der Größe der Großen Pyramide von Gizeh entspricht. Fliegt ein solches Gestein auf die Erde zu, hätte ein Treffer schwerwiegende Folgen auf regionaler Ebene und beispiellose sozioökonomische Auswirkungen auf globaler Ebene. Um ihre Umlaufbahn mit einem "Schubs" effektiv verändern zu können, muss die Wissenschaft jedoch zunächst mehr über diese Himmelskörper erfahren. „Es ist wichtig zu wissen, welche Auswirkungen ein Aufprall genau auf die Umlaufbahn eines Asteroiden hat. Wir wissen noch sehr wenig über diese Körper", sagt Marc Scheper, Leiter der OHB-Abteilungen Raumtransport, Robotische Missionen und Exploration. „Nur wenn wir genau wissen, wie sich ein Asteroid zusammensetzt, können wir wirksame Abwehrmaßnahmen ergreifen, wenn ein solches Objekt eines Tages tatsächlich mit der Erde kollidiert.“
Wertvolle Vorarbeiten für die AIM-Studie
OHB hat bereits in den Jahren 2015-2017 durch seine Arbeit in einer früheren Studie zur Asteroidenabwehr - AIM (Asteroid Impact Mission) - wertvolle Erkenntnisse auf diesem Gebiet gewonnen. Wie wichtig das HERA-Projekt für die Zukunft der Erde und der Menschheit insgesamt ist, zeigen einige Zahlen: Experten gehen davon aus, dass 90 Prozent aller sehr großen Asteroiden, die die Zivilisation zerstören, bekannt sind. Allerdings gelten nur wenige Prozent der kleineren Asteroiden als identifiziert. Und Experten sprechen von Kolossen mit bis zu 500 Metern Durchmesser - solche Geschosse können ganze Regionen auslöschen. Zum Vergleich: Der Asteroid, der am 30. Juni 1908 über Tunguska in Sibirien explodierte und jeden Baum auf einer Fläche von 2.000 Quadratkilometern knickte, hatte einen Durchmesser zwischen 30 und 80 Metern. Seine Sprengkraft wird auf die von 1.400 Hiroshima-Bomben geschätzt.
Weitere OHB Projekte zum Schutz der Erde
„Es ist also sehr wichtig, dass wir weitere Beobachtungssysteme installieren“, sagt Scheper. Die ESA wird schon bald auf das Fly-Eye-Teleskop zurückgreifen können, das 2019 in Sizilien nur zu dem Zweck installiert werden wird, sogenannte „Near Earth Objects“ aufzuspüren beziehungsweise zu beobachten. Dieses Teleskop wird federführend von dem OHB-Tochterunternehmen OHB Italia gebaut. Sollte sich das Fly-Eye bewähren, ist ein weltweites Netzwerk solcher Teleskope geplant, um die Erde vor Bedrohungen aus dem All zu schützen.
Das Expertenteam von Marc Scheper arbeitet aktuell auch an einer Studie zur besseren Vorhersage sogenannter Space Weather Effects. Die Studie „Lagrange-Mission“ wurde im Rahmen des ESA-Programms „Space Situational Awareness“ ausgeschrieben. Das Auftragsvolumen liegt bei 3,3 Mio. EUR. Die OHB System AG führt dabei Untersuchungen für eine Mission zum „Lagrange-Punkt 5“ durch – von dort aus soll ein möglicher Satellit die Früherkennung von Sonnenstürmen verbessern und helfen, sensible Infrastruktur im All sowie auf der Erde vor den energiereichen Partikeln aus dem All zu schützen.
„Die OHB-Gruppe ist in mehreren unterschiedlichen Bereichen mit laufenden Projekten beschäftigt, die alle zum Ziel haben, die Erde vor möglichen Gefahren aus dem All zu schützen“, sagt Marco Fuchs, Vorstandsvorsitzender der OHB SE. „Ich bin sehr stolz, dass wir mit der vielseitigen Kompetenz innerhalb der Gruppe im Bereich der Raumfahrtsysteme und der Exploration einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Zivilisation leisten können. Die Gefahr durch Asteroiden oder andere Himmelskörper, die großen Schaden auf der Erde anrichten können, ist vielen Menschen nach wie vor nicht bewusst. Mit unseren Aktivitäten, etwa mit dem Bau des Fly-Eye Teleskops oder den Studien im Zusammenhang mit HERA oder dem Weltraum-Wetter leistet OHB wichtige Beiträge zum Schutz der Erde.“
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