Pressemitteilung

OHB erhält ESA-Auftrag für eine Studie zur Umsetzung radargestützter Erdbeobachtung aus dem geosynchronen Orbit

Hydroterra-Mission soll Vorhersage von extremen Regenfällen für Europa und Afrika verbessern

Bremen, 12. November 2019. Die OHB System AG, ein Tochterunternehmen des Raumfahrt- und Technologiekonzerns OHB SE, wurde von der Europäischen Weltraumraumorganisation ESA als Hauptauftragnehmer für eine Machbarkeitsstudie zur Umsetzung einer radargestützten Erdbeobachtungsmission aus dem geosynchronen Orbit ausgewählt. Das Projekt trägt den Namen „Hydroterra“ (vormals G-Class) und ist ein Kandidat für die zehnte Mission im Earth-Explorer-Programm der ESA. Missionsziel ist die Beobachtung von hydrologischen Kreisläufen über Afrika und Europa. Extreme Regenfälle und damit verbundene Überflutungen und Erdrutsche sollen dadurch früher vorhergesagt werden können. Der Auftragswert der Phase-0-Studie beträgt EUR 1 Million.

Missionsvorschläge aus der Forschung

Die Menschheit wird zunehmend durch Klimaveränderungen bedroht. Die Earth-Explorer-Missionen sind Teil des Living-Planet-Programms der ESA und dienen der Bereitstellung qualitativ hochwertiger Fernerkundungsdaten zur Vermessung des Systems Erde. Im Rahmen des Programms wurden bis heute fünf Satelliten gestartet, vier weitere befinden sich aktuell in der Entwicklung. Die bereits im Orbit befindlichen Satelliten sammeln Daten zum Gravitationsfeld der Erde, zur Bodenfeuchte und zum Salzgehalt der Meere, zu den planetaren Eismassen, zum Erdmagnetfeld und zur Dynamik der Erdatmosphäre. Vorschläge für weitere Satellitenmissionen kommen direkt aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft und bilden somit die aktuellen Forschungsschwerpunkte der Umweltwissenschaften ab. So stammt die Idee für die Hydroterra-Mission von einem Team europäischer Wissenschaftler unter Leitung der Cranfield University.

Hydroterra könnte Leben retten

Weite Teile von Afrika und die gesamte Mittelmeerregion werden häufig von Dürreperioden im Wechsel mit starken Regenfällen heimgesucht. Erst vor einigen Wochen sind mehrere Menschen durch heftige Unwetter im Südosten Spaniens ums Leben gekommen. Durch die Hydroterra-Mission sollen derartige Extremwetterlagen in Zukunft früher vorhergesagt werden können. Dazu soll der Satellit ein Radar mit synthetischer Apertur (engl. Synthetic Aperture Radar, SAR) tragen und im geosynchronen Orbit platziert werden. Das SAR ermöglicht die Analyse des Wassergehaltes im Boden und in der Atmosphäre, während die Positionierung im geosynchronen Orbit die kontinuierliche Beobachtung der ausgewählten Regionen erlaubt. Bisher wurde diese Kombination aus Nutzlast und Orbit noch in keiner Mission umgesetzt. „Aus knapp 36.000 Kilometern Entfernung durch die verzerrenden Effekte der Atmosphäre hindurch ein brauchbares Signal zu erhalten, erfordert ein großes Maß an technischem Know-how“, erklärt Ann-Theres Schulz, Leiterin des Hydroterra-Projektes bei OHB, die besondere Herausforderung. Gleichzeitig betont die Ingenieurin aber auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die durch Hydroterra gewonnen werden können: „Hydroterra ist ein faszinierendes Projekt. Wenn der Satellit fliegt, können wir besser beobachten, wie Stürme und extreme Regenfälle entstehen.“

Aktuell befindet sich das Projekt in der Definitionsphase, der Phase 0, die bis November 2020 läuft. In dieser Phase soll die grundsätzliche Machbarkeit der Mission gezeigt werden. OHB als Hauptauftragnehmer führt dazu ein aus Thales Alenia Space Italia, Elecnor Deimos, Telespazio VEGA UK und Aresys bestehendes Konsortium von Unterauftragnehmern und ist für den Entwurf des Gesamtsystems und der Satellitenplattform, sowie für die Leistung des Gesamtsystems verantwortlich. Parallel dazu wird von der Cranfield University und ihren Partnern das wissenschaftliche Konzept weiter konkretisiert.

Drei Kandidaten für zehnten Earth Explorer

Neben Hydroterra gibt es noch zwei weitere Kandidaten für die zehnte Earth-Explorer-Mission:

Bei Harmony (vormals Stereoid) handelt es sich um eine Radarmission zur Beobachtung von Ozeanströmungen, Bewegungen von Eismassen und Topographieveränderungen der Erdoberfläche. Bei dieser Mission ist die OHB System AG in Kooperation mit ihrer Schwesterfirma OHB Sweden AB für den Entwurf der Satellitenplattform und des optischen Instrumentes zuständig.

Der Satellit Daedalus soll hingegen mehrere verschiedene Instrumente tragen, um elektrodynamische Prozesse in der bisher kaum erforschten oberen Erdatmosphäre zu untersuchen. Die OHB System AG nimmt hier die Rolle des Hauptauftragnehmers für das Nutzlastmodul ein und entwickelt dieses zusammen mit einem Konsortium von Unterauftragnehmern.

Die Phase 0 wird für alle drei Missionen parallel durchgeführt. Nach der Präsentation der Ergebnisse im November 2020 wird eins der Missionskonzepte verworfen, während die Arbeit an den beiden verbleibenden Kandidaten in der Phase A, der Konzeptionsphase, fortgeführt wird. Welche Mission es letztendlich bis zur Umsetzung schafft, entscheidet sich 2022 nach Abschluss der Phase A.

Der Start des ausgewählten Satelliten ist für 2027 geplant.

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