Die letzte europäische Mission zur Venus verbesserte das Verständnis des Treibhauseffektes auf der Erde.

Es macht Sinn, zur Venus zu fliegen und dort auch zu landen

Jan Wörner, Generaldirektor der Europäischen weltraumorganisation ESA, ist davon überzeugt, dass eine weitere Mission zur Venus einen direkten Nutzen für die Erde hätte

Am 9. November 2005 startete mit "Venus Express" die erste und bisher letzte europäische Sonde zur Venus. Wichtigstes Ziel der Mission war die Erforschung der Atmosphäre des ständig von einer dichten Wolkendecke verhüllten Planeten. Die zwischen 2006 und 2014 von der Sonde gesammelten Daten trugen zum Verständnis des Treibhauseffektes bei und lieferten den Wissenschaftlern Erkenntnisse über die bisherige und zukünftig zu erwartende Klimaentwicklung der Erde. Jan Wörner, Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA, ist davon überzeugt, dass auch weitere Missionen zur Venus einen direkten Nutzen für die Erde hätten.

Herr Wörner, Marco Fuchs hat vorgeschlagen, eine europäische Mission zur Venus zu schicken. Was halten Sie davon?

Wir sind ja mit der Sonde „Venus Express“ schon mal dorthin geflogen und haben dabei festgestellt, dass auf der Venus ein Treibhauseffekt existiert, wesentlich stärker als auf der Erde. Diese Erkenntnis hat es den Klimaforschern ermöglicht, den Treibhauseffekt auf der Erde zu verstehen. Insofern ist die Venus für uns sehr interessant.

Dennoch konzentriert sich derzeit scheinbar die gesamte Raumfahrt auf den Mars.

Der Mars hat vermutlich etwas vor sich, das künftig auch auf die Erde zukommen könnte, nämlich extreme Trockenheit. Beide Planeten sind es also wert, genauer untersucht zu werden. Deshalb ist die Initiative von Marco Fuchs sehr richtig. Nur ist die Reise zur Venus noch mal herausfordernder, weil der Planet näher zur Sonne steht. Ich meine aber, dass es Sinn macht, zur Venus zu fliegen und vielleicht auch dort zu landen.

In welchen Zeiträumen wäre das denkbar?

Ein Flug zur Venus dauert nicht so lang (lacht). Ich weiß ja, was Sie meinen: also, wir haben das jetzt nicht im Programm, aber man könnte eine Venus-Mission in vier bis fünf Jahren in ein Programm einbauen. Dann könnte man in acht bis zehn Jahren hinfliegen.

Die Inder wollen offenbar schon 2024 auf der Venus landen ...

... das klappt für Europa schon deshalb nicht, weil wir bis dahin alle verfügbaren Mittel schon verplant haben. Derzeit stehen bei uns der Mond und der Mars im Mittelpunkt. Aber nochmal: die Venus ist sehr interessant!

Weil man dort erwarten darf, Spuren von Leben zu finden?

Die Menschen haben ja lange gedacht, dass es Leben nur auf der Erde geben kann – außer den Marsmännchen natürlich (lacht). Es gibt da übrigens eine hübsche kleine Geschichte: ein Astronom hat mal mit dem Fernrohr den Mars beobachtet und Kanäle entdeckt, die er bei der letzten Beobachtung noch nicht gesehen hat. Daraufhin hat er gesagt: Die müssen ja furchtbar schnell arbeiten da oben ... Im Ernst: sowohl auf dem Mars als auch auf der Venus kann es mit Sicherheit noch Spuren von Leben geben. Sicher nicht auf der Oberfläche, aber unter der Oberfläche ist das gut möglich. Prinzipiell ist das auf dem Mars eher wahrscheinlich, auf der Venus könnte man dafür Spuren früheren Lebens finden.

Jan Wörner ist seit dem 1. Juli 2015 Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Davor war er Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. © ESA/P. Sebirot

Man könnte eine Venus-Mission in vier bis fünf Jahren in ein Programm einbauen. Dann könnte man in acht bis zehn Jahren hinfliegen.

Jan Wörner, Generaldirektor der ESA

Was spricht dafür, eine Venus-Mission zu unternehmen?

Der wichtigste Punkt ist die Neugier und die Wissenschaft. Der Mensch ist durch Neugier getrieben, das wird in unserer Gesellschaft immer etwas unterschätzt. Und was wenige wissen: bei jeder unserer bisherigen Missionen ist am Ende ein Nutzen für die Erde herausgekommen. Bei der Mission Venus Express war es das Verständnis des Treibhauseffekts auf der Erde und nach der Mission zum Kometen Tschurjumow-Gerassimenko war das Ergebnis ein Frühwarnsystem für Waldbrände. Also: solche Missionen bringen immer neue Technologien hervor. Und das wird auch bei einer künftigen Venus-Mission so sein.

Bei der Venus könnten vielleicht auch völlig neue Formen von Biologie entdeckt werden. Was halten Sie davon?

Ich habe viel mit Biologen gesprochen. Sie haben mir dabei stets klar gemacht, dass fürs Leben immer dieselben Ingredienzien notwendig sind, also Wasser und eine Art von Kohlenstoff. Die Biologen lehnen es ab, dass Leben etwa auf Siliziumbasis entstehen könnte. Auch wenn ich genug Phantasie habe, mir vorzustellen, dass es auch andere Formen von Leben da draußen geben könnte.

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