Eine Kolumne von Marco Fuchs: Gedanken über Zeit und Raum

Die Geschichte einer guten Idee

"Es ist der folgerichtige Schritt, dass OHB in UNIO investiert hat"

30. Oktober 2023. Mit großem Interesse verfolge ich die stetig wachsende Start-up-Szene in der Raumfahrt und bin einerseits immer wieder erstaunt darüber, welche Ideen die Gründerinnen und Gründer in die Tat umsetzen und vor allem auch wie sich Venture Capital dazu verhält. Für mich zeigt das auch, wie sehr die Raumfahrt mittlerweile an Bedeutung gewonnen hat, dass sie als feste Größe im breiten Spektrum der Innovationsfähigkeit wahrgenommen wird. Natürlich beobachte ich auch sehr genau, welche Start-ups an ihren Börsengängen, kurz IPOs, arbeiten. Vor allem, da ich mich jüngst für den Rückzug von der Börse entschieden habe. Natürlich habe ich im Zuge dieser Überlegungen auch immer wieder reflektiert, welche Gründe uns damals dazu bewegt haben, den Schritt an den Kapitalmarkt zu machen. Ich glaube weiterhin daran, dass die Börse für viele Ideen und Unternehmen der richtige Ort ist. Gleichzeitig halte ich den Schritt an die Börse für einen sehr mutigen. Die Meldungen über enttäuschende oder sogar wieder abgesagte IPOs zeigen, dass das Treiben an der Börse weiterhin ein spannendes bleibt. Allerdings gibt es auch Ideen, die in Start-ups aufgehen, die mir bei näherer Betrachtung sehr bekannt vorkommen – eine davon ist UNIO.

UNIO ist ein im Jahr 2022 gegründetes Start-up, das den Aufbau einer eigenen Satellitenkonstellation mit Fokus auf Anwendungsmöglichkeiten für fahrzeuggebundene Logistikunternehmen vorantreibt. Das erste Produkt das UNIO dafür auf den Markt bringen möchte, ist eine Hardwarelösung zum nahtlosen Wechsel zwischen terrestrischen 5G-Netzen und satellitenbasierter Konnektivität. Es geht also in erster Linie darum, eine kontinuierliche und lückenlose Vernetzung zu ermöglichen.

Als die ersten Berichte zu UNIO aufkamen, habe ich mich mit meinem leider dieses Jahr verstorbenen früheren OHB-Mitstreiter Uli Schulz ausgetauscht und wir waren uns beide einig: das kann nur eine gute Idee sein – wir hatten sie nämlich auch schon mal. Konkret war die Idee der industriellen Vernetzung durch Satellitenkommunikation aus Ulis und meiner Sicht mal ein so vielversprechender Zukunftsmarkt, dass wir mit der OHB Teledata im Jahr 2001 den Börsengang gemacht haben. Das Raumfahrt-Segment der OHB haben wir erst im Jahr darauf in die börsennotierte Gesellschaft integriert. Das Kernprodukt der OHB Teledata war eine Box, die aus einzelnen Fahrzeugen ein via Satelliten verknüpftes Flottennetzwerk entstehen lassen konnte.

Parallel haben wir mit der Beteiligung an ORBCOMM, einem der ersten Unternehmen mit einer eigenen kommerziellen Satellitenkonstellation für industrielle Kommunikationsdienstleistungen im Low Earth Orbit, den logischen zweiten Schritt gemacht: uns dort engagiert, wo die Vernetzung unserer Telematikprodukte tatsächlich stattfand. ORBCOMM ist heute noch erfolgreich am Markt, auch hier waren wir mit OHB Teil einer Erfolgsgeschichte.

Daher ist es jetzt natürlich der folgerichtige Schritt, dass OHB in der vergangenen Woche in UNIO investiert hat. Eine gute Idee bleibt eine gute Idee. Manchmal muss man nur geduldig sein und abwarten bis sich die Umstände, die Zeit und oft auch die handelnden Personen gefunden haben, um sie umzusetzen. Bei UNIO sehe ich genau diese passende Konstellation, um die gute Idee zum Erfolg zu führen, auch weil die investierten Unternehmen in ihrem jeweiligen Marktsegment einen neuen und innovativen Ansatz für die eigene Entwicklung gewählt haben. Und dass der Megatrend Digitalisierung auch in der industriellen Vernetzung ganz neue Standards setzt und letztlich verlangt, trägt ganz wesentlich dazu bei, dass ich an UNIO glaube. Ich bin gespannt darauf bei dieser Geschichte (noch mal) dabei zu sein.


Zur Person

Marco Fuchs (Jahrgang 1962) studierte Rechtswissenschaften in Berlin, Hamburg und New York. Von 1992 bis 1995 arbeitete er als Anwalt in New York und Frankfurt am Main. 1995 trat er in das Unternehmen OHB ein, das seine Eltern aufgebaut hatten. Seit dem Jahr 2000 ist er Vorstandsvorsitzender der jetzigen OHB SE und seit 2011 der OHB System AG. Marco Fuchs ist verheiratet und hat zwei Kinder.