Eine Kolumne von Marco Fuchs: Gedanken über Zeit und Raum

"Ich bin davon überzeugt, dass wir mit KKR den idealen Partner gefunden haben, um uns auf dem Weg zum European Space Champion einen großen Schritt nach vorn zu bringen."

7. August 2023. In Europa beschäftigen wir uns seit geraumer Zeit mit der Frage, wie wir Raumfahrt zukünftig betreiben wollen und wie sich Europa im internationalen Vergleich beweisen kann. Fakt ist, dass wir für ein gestärktes, unabhängiges Europa in der Raumfahrt an erster Stelle einen gesicherten und unabhängigen Zugang zum All benötigen, das ist für die Teilhabe der europäischen Industrie am Boom der Raumfahrt unabdingbar. Gleichzeitig ist die strategische Bedeutung der Raumfahrt spätestens mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine unumstößliche politische Realität geworden und mit einem raumfahrtversierten Gegner haben sich auch schlagartig die Anforderungen an die militärische Weltrauminfrastruktur fundamental geändert. Das muss auch die industrielle Aufstellung widerspiegeln.

Die Raumfahrtindustrie ist seit jeher von einem enormen Kapitalbedarf geprägt. Raumfahrt ist eine Zukunftstechnologie, die fortwährende technische Neuerungen, Innovationen und Entwicklungen am Rande das Machbaren erfordert, während sich das aktuelle Marktumfeld in einem radikalen Umbruch befindet. Neue industrielle Player aus aller Welt, eine stärkere Nachfrage nach Services und eine schnell voranschreitende Diversifizierung des Kundenkreises verändern die Branche.

Wir wollen in einer sich wandelnden Branche weiterhin eine Spitzenposition einnehmen

Um als privat geführtes Familienunternehmen langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir die klügsten Talente anwerben, lange Entwicklungsphasen (vor-)finanzieren und gleichzeitig in unser eigenes Wachstum investieren verfolgen. Unsere Unternehmensstrategie „OHB 2025 – Shaping the future“ ist Ausdruck dessen, was OHB in Zukunft erreichen möchte – und das ist viel. Unsere Strategie verfolgt in allen drei Geschäftsfeldern Space Systems, Aerospace und Digital verschiedene Entwicklungsschritte, um den globalen Herausforderungen unserer Branche zu begegnen.

Die Stärkung von OHB als unabhängiges, europäisches Unternehmen

All diese strategischen Ziele benötigen als Grundlage für die Umsetzung eine nachhaltige Kapitalbasis. Nach dem Börsengang im März 2001 haben wir die nötigen Investitionen stets aus dem laufenden Geschäft geleistet. Die Nullzinspolitik hat auch dazu beigetragen, dass wir unser Wachstum immer aus uns selbst heraus gestemmt haben. Nun möchten wir ein neues Kapitel aufschlagen und aus diesem Grund begrüßen wir, die Familie Fuchs und der Vorstand von OHB, das Angebot von KKR ausdrücklich. KKR wird eine Kapitalerhöhung von 10 % in die OHB SE zeichnen und uns damit Investitionen in wichtige Zukunftsthemen ermöglichen. Daneben wird ein separates direktes Investment von KKR in Höhe von 30 Mio. Euro in die Rocket Factory Augsburg AG, den weiteren Weg des Microlaunchers RFA One zum erfolgreichen Erstflug ebnen.

Es ist mir wichtig zu betonen, dass OHB weiterhin ein unabhängiges deutsches Familienunternehmen bleibt. Meine Familie und ich werden weiterhin die Mehrheit der Anteile an OHB halten und damit dauerhafte Kontrolle des Unternehmens haben. OHB wird nach wie vor von mir und dem bestehenden Managementteam geführt werden.

Aus finanztechnischer Perspektive umfasst die Transaktion ein Übernahmeangebot von KKR für alle OHB-Aktien, in dessen Rahmen die Familie Fuchs ihre Aktien nicht verkaufen wird. Wir halten das Angebot für unsere bestehenden Aktionäre für äußert attraktiv, da es diesen einen unmittelbaren Wert und sofortige Liquidität garantiert. Perspektivisch ist es das Ziel, OHB von der Börse zu nehmen, um uns die Umsetzung der langfristigen Strategie als privat gehaltenes Unternehmen zu erleichtern.

Unseren Mitarbeitenden attraktive Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten schaffen

Eine starke Kapitalbasis ist aber nicht alles. Die Umsetzung der Wachstumsstrategie erfordert auch ein hohes Maß an Disziplin. Effizienzsteigerungen und Prozessverbesserungen sind zentrale Treiber unseres nachhaltigen Erfolgs, an denen wir arbeiten werden. Im Mittelpunkt dieser Veränderungen sehen wir unsere Menschen bei OHB. Wir brauchen auch für dieses neue Kapitel tatkräftige Hände und kluge Köpfe, die motiviert und ambitioniert sind, die unternehmerisch denken und Verantwortung für komplexe und faszinierende Projekte übernehmen. Mit dem Einstieg von KKR als langfristig orientiertem Minderheitsinvestor schaffen wir die Voraussetzungen, unseren Mitarbeitenden weiterhin attraktive Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten.

Ein wichtiges Signal für die europäische Raumfahrtindustrie

Ich bin davon überzeugt, dass wir einen geeigneten Partner im renommierten globalen Investmentunternehmen KKR gefunden haben. Das frische Kapital, kombiniert mit unserer Innovationskraft, wird nicht nur die erfolgreiche OHB-Geschichte fortschreiben; wir haben uns immer als Partner unserer Kunden empfunden, und gerade unsere institutionellen Kunden in Europa profitieren von einer starken, innovativen, technologisch versierten Raumfahrtfirma OHB. Wir haben die Ambition, der European Space Champion zu werden und wollen neue Perspektiven für Kunden und Partner anbieten, indem wir unsere technologischen Spitzenpositionen in den Kernkompetenzen als Infrastrukturpartner und im Servicebereich ausbauen und dadurch den institutionellen und kommerziellen Markt bedienen können. Das geht nur, wenn wir alle gemeinsam das tun, was uns jeden Tag antreibt: We.Create.Space.


Zur Person

Marco Fuchs (Jahrgang 1962) studierte Rechtswissenschaften in Berlin, Hamburg und New York. Von 1992 bis 1995 arbeitete er als Anwalt in New York und Frankfurt am Main. 1995 trat er in das Unternehmen OHB ein, das seine Eltern aufgebaut hatten. Seit dem Jahr 2000 ist er Vorstandsvorsitzender der jetzigen OHB SE und seit 2011 der OHB System AG. Marco Fuchs ist verheiratet und hat zwei Kinder.