Ein Galileo-Satellit in der Bremer Integrationshalle von OHB. © OHB

10 Fragen und Antworten zu Galileo

Das OHB-Team hat die meistgestellten Fragen und Antworten zum europäischen Navigationssystem zusammengestellt

Mit dem neuerlichen Start der ersten beiden Galileo FOC-Satelliten (Full Operational Capability) aus Batch 3 kreisen nun 24 von OHB konzipierte, entwickelte und integrierte Navigationssatelliten in ihrem Orbit rund 23.000 Kilometer über der Erde. Insgesamt hat die Europäische Weltraumorganisation ESA für die Europäische Kommission alle Satelliten der ersten Generation beim industriellen Hauptauftragnehmer OHB System AG in Auftrag gegeben. Die Satelliten FM 25 & 26 stehen in den Startlöchern und sollen im Frühjahr 2022 in den Orbit starten. Weitere ihrer Nachfolger sind bereits fertig integriert und warten ebenfalls in der Bremer Integrationshalle. Mit Galileo hat Europa sein eigenes europäisches Satellitennavigationssystem. Das OHB-Team hat anlässlich des letzten Starts die meistgestellten Fragen zu Galileo zusammengestellt und gibt hier einen Überblick über die Antworten.

1. Was kann Galileo?

Die Satelliten senden Signale, die mit neueren Smartphones oder Navigationsgeräten empfangen werden können. Die Positionsangaben bei Galileo sind durchschnittlich bis auf 0,92 Meter  genau. Außerdem bietet Galileo einen SAR-Service (Search And Rescue), der auch Such- und Rettungsdienste in der See- und Luftfahrt ermöglicht. Gerät ein Schiff in Seenot, so kann die Besatzung einen Notruf über einen Satellitensender absetzen, der auch die Position des Schiffs übermittelt. Der Galileo-Satellit empfängt das Signal und leitet es weiter an die Notrufstelle auf der Erde, die dann sofort reagieren kann.

2. Welche Anwendungen nutzen außerdem das Galileo-System?

Durch die hochgenauen Atomuhren und die weltweite Verfügbarkeit des Galileo-Signals werden bei Banktransaktionen nun gemeinsame Zeitreferenzen möglich. Somit wird der Hochfrequenzhandel viel sicherer. Bei den heute üblichen hochfrequenten Transaktionen können nur mit einer hochgenauen, gemeinsamen Zeitreferenz die Ursache und Wirkung bei Kursbewegungen klar unterschieden und Kursbeeinflussungen nachgewiesen werden. Letztlich ist es heutzutage Standard, dass Transaktionen im Milliardenumfang durch Algorithmen automatisch innerhalb weniger Millisekunden durchgeführt werden. Oder vereinfacht gesagt: Mit Galileo kann man sicher erkennen, ob jemand Aktien verkauft hat, weil der Kurs gesunken ist oder der Kurs aufgrund des Verkaufs gesunken ist. Mit dem Galileo-Service können zudem Flugzeuglandungen mit extrem großer Genauigkeit und Sicherheit, ohne dass dafür eine aufwändige Bodeninfrastruktur erforderlich ist, durchgeführt werden.

3. Wie teuer und wie groß ist ein Galileo-Satellit?

Ein Satellit hat etwa einen Wert von 40 Millionen Euro und ist mit ausgefahrenen Solarpanelen ungefähr 15 Meter breit.

4. Warum braucht Europa ein eigenes Navigationssystem?

Lange Zeit kannten wir in Europa nur das amerikanische Global Positioning System „Navstar GPS“. Wir nutzen aber auch das russische Glonass und das chinesische BeiDou. Sollte beispielsweise das GPS plötzlich nicht mehr funktionieren oder abgeschaltet werden, hätte dies Folgen für die gesamte Wirtschaft und Infrastruktur.

5. Warum brauchen wir dann vier weltweite Navigationssysteme?

Auch wenn es aktuell keine gravierenden globalen Konflikte gibt, ist nicht vorhersehbar, ob das nicht doch einmal passiert. Regierungen können ihre Meinung zu jeder Zeit ändern, daher ist Unabhängigkeit wichtig und ein Abschalten der Systeme kann nicht genutzt werden, um andere zu schwächen. Solange dies nicht der Fall ist, können alle vier Navigationssysteme parallel genutzt werden und sich ergänzen.

6. Wo kann ich eine Liste der Galileo kompatiblen Geräte einsehen?

Die aktuellste Liste gibt es hier einzusehen: https://www.usegalileo.eu//.

7. Werden die Satelliten auch zur Ortung eingesetzt?

Keine Sorge, ein normaler User wird nicht geortet. Stellen wir uns vor, wir sitzen im Auto und nutzen das Navigationsgerät oder Smartphone für die Route. Dann empfängt das Gerät regelmäßig ein Satellitensignal und kann damit die genaue Position von uns berechnen. Ein Rückkanal zum Satelliten wird dazu nicht benötigt und diesen gibt es auch gar nicht. Ein normales Navi oder Telefon kann (auch schon aufgrund seiner geringen Größe) keine Daten ins Weltall übermitteln. Dies geschieht auch nicht bei sogenannten Trackern, welche zum Nachverfolgen von LKW und Ladung verwendet werden. Bei diesen erfolgt die Positionsbestimmung ebenso nur im Gerät selbst und ein zusätzlich verbautes GSM-Modul leitet die Positionsinformationen über das Mobilfunknetz weiter.
Anders ist es beim SAR-Service, für welchen die spezielle Hardware nicht in normalen Navis und Mobiltelefonen verbaut ist. Dort hat Galileo tatsächlich einen Rückkanal, aber dadurch sind Geräte deutlich größer und es können nur geringe Datenmengen im SAR-Format übermittelt werden. Bei dieser Anwendung können Menschenleben davon abhängen, denn nur mit einem zurückgesendeten Signal kann die Rettungsmannschaft informiert werden – und dann sofort die Suche und Rettung starten. Seit 2020 gibt es an den Notrufenden auch eine Rückmeldung aus der Leitzentrale, dass der Notruf eingegangen ist.

8. Wann wird die volle Kapazität erreicht und alle 34 OHB-Satelliten im Orbit sein?

OHB wird im nächsten Jahr noch vier weitere Satelliten ins All bringen. Dann werden 28 Galileos der ersten Generation im Orbit ihre Runden drehen. Die Launch-Termine für FM 29 bis 34 stehen noch nicht fest.  

9. Wie lange werden die Satelliten ihren Dienst verrichten?

Die Dienst- und Lebenszeit pro Satellit liegt bei rund zwölf Jahren. Das ist aber nur ein statistischer Wert, aus technischer Sicht gibt es keine Lebenszeitbegrenzung.

10. Was bedeutet es für OHB, Teil dieses großen Projektes zu sein?

Das Projekt Galileo lebt durch ein grandioses Team. Wir sind 2007 mit einer etwa zehnköpfigen Truppe gestartet und zuletzt haben in Hochzeiten rund 150 Leute für das Projekt gearbeitet. Wir sind sehr flexibel und locker an das Projekt herangetreten. Diesen Geist haben wir uns über all die Jahre bewahren und auch an neue Teammitglieder weitergeben können. Auf diese Weise haben wir erreicht, dass alle sich motiviert eingebracht und eingelassen haben. Wir blicken auch mal über den Tellerrand. Somit haben wir für den Konzern OHB mit Galileo ein langjähriges Vorzeigeprojekt gestaltet und mit Leben gefüllt. Darauf sind wir sehr stolz.

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